Provenienzforschung

„Projekt zur Provenienzforschung zu Sammlungen aus kolonialen Kontexten (China) in vier ostfriesischen Museen und Kultureinrichtungen“

Die Herkunft und die wechselnden Besitzverhältnisse von beweglichen Kulturgütern – so auch Museumsobjekte in Depots und Ausstellungen – sind ein wesentlicher Baustein der Museumsforschung und für die Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte von großer Bedeutung. In Deutschland ist die Provenienzforschung vor allem in Zusammenhang mit im Nationalsozialismus enteignetem jüdischem Kulturgut bekannt. Des Weiteren werden auch Kulturgüter aus kolonialen Kontexten, zumeist aus Afrika oder Asien, erforscht, die als Beute- oder Raubkunst oder auch als einfache Mitbringsel durch Schenkungen oder Ankäufe ihren Weg in das Museum gefunden haben. Sammlungsgeschichte und Geografie sind in den Museen Ostfrieslands eng miteinander verknüpft. Durch die Lage Ostfrieslands am Meer, durch Seefahrt, Handel und Marine liegt es nahe, dass in den Sammlungen Objekte oder Konvolute vorhanden sein können, die in einem kolonialen Kontext stehen.

Zu Beginn des Jahres 2020 hat das „Projekt zur Provenienzforschung zu Sammlungen aus kolonialen Kontexten (China) in vier ostfriesischen Museen und Kultureinrichtungen“ begonnen. In diesem Pilotprojekt soll zunächst geklärt werden, welcher Bedarf an Provenienzforschung in kulturbewahrenden Einrichtungen in Ostfriesland besteht. Unter der Federführung und der Projektleitung der Ostfriesischen Landschaft ist auch das Ostfriesische Teemuseum Norden an diesem Projekt beteiligt.

In den musealen Einrichtungen stehen Objekte und Konvolute im Vordergrund, die aus der ehemaligen deutschen Kolonie in China stammen. Im Ostfriesischen Teemuseum kamen Asiatika erst mit der Entscheidung für die Erweiterung der Dauerausstellung um den inhaltlichen Schwerpunkt Teekultur Mitte der 1980er Jahre zumeist über den Handel in die Sammlung. Mittlerweile stellt die Teekultur jedoch die größte Gruppe der Sammlung des Museums dar. Die Sichtung des Sammlungsbestandes förderte rund 100 Objekte zutage, die aus kolonialen Kontexten stammen könnten. Bei diesen Objekten handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen um Keramik, vorwiegend aus Porzellan. Dies sind vor allem Kannen, Tassen, Teller und Schalen, die zum überwiegenden Teil eindeutig der chinesischen Teekultur zuzuordnen sind. Bei knapp der Hälfte der identifizierten Objekte sind Schenker ebenso bekannt wie Verkäufer aus dem Handel aus Norddeutschland und den Niederlanden.

 

Der Historiker und Sinologe Dr. Hajo Frölich und der Historiker Frank Drauschke vom Historischen Forschungsinstitut „facts & files“ aus Berlin haben bereits dort mit der Auswertung von Fotos, Informationen und Archivmaterialien begonnen. Anfang Mai 2021 waren die beiden Historiker zu Gast in Ostfriesland und begutachteten u.a. im Ostfriesischen Teemuseum rund 100 Objekte. Im nun folgenden Schritt wird der Frage nachgegangen, woher die Objekte stammen und wie diese ins Museum gekommen sind. Hier leisten die Forscher Detektivarbeit, indem zum Beispiel Marken, mit denen die Keramik gekennzeichnet wurde, gedeutet werden, um so möglichst Auskunft über Herstellungszeitpunkt und -ort zu erhalten. Schritt für Schritt verfolgen sie die Herkunft der Objekte zurück in die Vergangenheit. Im bestmöglichen Fall gelangt man bis zum Ursprung. Nach den bisherigen Erkenntnissen handelt es sich bei den Objekten aus allen beteiligten Einrichtungen weniger um Kriegsbeute als um Souvenirs. Durch das Projekt werden eine Unterstützung und Erweiterung der Sammlungsdokumentation der Museen erhofft und weitere Ergebnisse mit Spannung erwartet.

 

Teilnehmende Institutionen:

  • Ostfriesische Landschaft Aurich
  • Ostfriesisches Teemuseum Norden
  • Deutsches Sielhafenmuseum Carolinensiel
  • Naturforschende Gesellschaft zu Emden
  • Fehn- und Schiffahrtsmuseum Westrhauderfehn

Gefördert durch:

  • Deutsches Zentrum Kulturgutverluste

Unterstützt durch:

  • Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen